Rede «Stop BÜPF» Demo, Bundesplatz

Auf dem Bundesplatz (Foto: Peter Rohrer)
Auf dem Bundesplatz (Foto: Peter Rohrer)

Angst zu haben ist natürlich, kein Mensch hat keine Ängste. Ängste warnen uns vor gefährlichen Situationen und hindern uns daran gefährliche Sachen zu tun. Angst ist aber zum grossen Teil durch Irrationalität gesteuert, nicht durch Statistik.

Die Wahrscheinlichkeit dass ein Mensch durch einen terroristischen Anschlag verletzt wird ist vernachlässigbar. Beim Putzen der Badewanne, im Schlaf oder bei einer Autofahrt verletzen sich sowohl in der Schweiz, wie auch im Ausland viel mehr Menschen.

Diese irrationalen Ängste treiben uns an bei populistischen Vorlagen wie der Pädophilen Initiative ein Ja einzulegen, auch wenn die These vom Bösen Mann längst widerlegt ist. Denn 85% der Übergriffe[1] finden durch Bekannte oder in der Familie statt. Paradoxerweise wird aus Angst, den Kindern könne was zustossen, jeden Morgen eine Autofahrt in Kauf genommen. Bei dieser Autofahrt ist die Wahrscheinlichkeit dass den eigenen oder anderen Kinder dabei etwas passiert viel grösser dass sie auf dem Schulweg einen bösen Mann antreffen.

Die selbe Irrationalität tritt zu Tage wenn man die Überwachung anschaut. Man darf nichts unversucht lassen um einen terroristischen Anschlag zu verhindern. Das ist die Maxime die seit den schrecklichen Anschlägen von 2001 herrscht. In allen Ländern zogen nach den Anschlägen Sicherheitspolitiker umfassende Überwachungspläne aus dem Hut und die Parlamente haben sie alle durchgewunken. So sind wir in der Schweiz zur Vorratsdatenspeicherung im Jahre 2002 gekommen.

Seither hat aber niemand gefragt ob diese Massnahmen überhaupt greifen. Erst nachdem das Bundesverfassungsgericht in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung 2010 für Verfassungswidrig erklärt hatte gab es Wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit. Diese haben aufgezeigt, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht zur Aufklärungsrate beigetragen hat. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Aufklärungs-Rate d.h. die Wirksamkeit ist nicht bewiesen. Millionen wurden investiert, und Millionen von Bürger präventiv Überwacht im glauben an die Wirksamkeit.

Dennoch wollen unsere Politiker und Staatsanwälte die Speicherdauer verdoppeln. Es kann also nicht bewiesen werden dass die Massnahmen funktionieren aber man ist sich sicher dass die Speicherdauer verdoppelt werden muss. Zudem wird der Geltungsbereich massiv ausgeweitet. So muss ich neu meine WG Kollegen ausspionieren als Handlanger vom Staat.

Ich habe nichts zu verbergen. Das ist die plumpe Antwort wenn es darum geht ob die Überwachung wirklich nötig ist. Aber die meisten Leute haben etwas zu verbergen und sie sollen das auch tun können. Es ist ein Menschenrecht eine Privatsphäre zu haben. Es ist von der Bundesverfassung garantiert dass es den Staat nichts angeht mit wem man wie lange Telefoniert, Emailt oder Kurznachrichten austauscht. Das hat auch der Europäische Gerichtshof so gesehen und Deutschland so harte Auflagen gemacht dass in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung wohl für die nächsten paar Jahre kein Thema mehr ist.

Auch wenn das neue Gesetz nicht durchkommt, wird in der Schweiz bereits jeder, der sein Mobiltelefon mit sich führt, auf Schritt und Tritt überwacht. Die Polizei hat zwar keinen direkten Zugriff auf die Daten aber sie werden von jedem gesammelt. Es ist also jeder auf Vorrat Verdächtig.

Es sei kein Problem die Daten liegen ja bei den Anbietern und die Polizei hat keinen Zugriff darauf. Diese Argumentation ist sehr naiv, denn jede Datensammlung weckt begehren. Sind die Daten einmal gesammelt wäre es ja unsinnig, dumm oder gar fahrlässig die nicht zu gebrauchen. Denkt an die Kinder, denkt an diese bösen Menschen in der Welt!
Genau mit diesen Argumenten werden Gesetze immer mehr verschärft. Niemals in der Geschichte der Menschheit wurde ein Gesetz milder gemacht. Dafür sind Gesetze ja nicht da. Das böse ist immer noch da draussen, und man will ja nicht verantwortlich gemacht werden, falls etwas passiert, das hätte verhindert werden können.

Zwei Beispiele dass Gesetze immer mehr Verschärft werden, aus dem letzten Jahr:

Beim Referendum gegen den Biometrischen Pass wurde dazumal hoch und heilig versprochen dass die Daten, welche Zentral gesammelt, nur der Produktion der Ausweise dienen würde.
Es dauerte nur ein paar Jahre bis dieses Versprechen gebrochen wurde[2]. Die Polizei hat nun direkten Zugriff auf alle Passphotos. In ein paar Jahren werden dann wohl auch die Fingerabdrücke folgen. Und dann noch ein paar Jahre später wird aus St. Gallen der Ruf laut, Leute anhand ihrer DNA dem Zigaretten-Stummel zuzuordnen, welche sie rücksichtslos und vorsätzlich auf den Boden geworfen haben

Ein weiterer Tiefschlag im letzten Jahr war ein Vorstoss[3] das dass Einträge in der Nationalen Gen-Datenbank CODIS nicht mehr automatisch gelöscht werden sollen. Die Fristen von bis zu 30 Jahren waren den Hardliner nicht genug.

Dies zeigt auch dass wir dieses neue Gesetz mit allen Mitteln bekämpfen müssen, denn die Vorstellungen gewisser Parlamentarier dass zur Aufklärung von Verbrechen jedes Mittel recht sein muss lässt sich nicht vereinbaren mit den Grundrechten des einzelnen. Ich bin mir sicher, wenn das es mit dem BÜPF nicht aufhört sondern dies erst der Anfang ist.

Wie können wir das Ändern? Auf dem Parlamentarischen Weg scheint es im Moment nicht möglich das Ruder noch rumzureissen. Das Referendum gegen das BÜPF wird kommen, engagieren sie sich beim Sammeln von Unterschriften dagegen.
Nächstes Jahr sind Wahlen. Wählen sie nicht nur nach Parteibüchlein sondern streichen Sie Leute von denen sie wissen dass sie unsere Grundrechte mit Füssen treten. Nach der Wahl, erinnern sie die gewählten Leute dass sie sie gewählt haben. Ich glaube dass das ein Punkt ist der vielen Parlamentarier nicht mehr bewusst ist. Und geben sie den Jungen eine Chance. Nehmen sie ein paar Vertreter der Jungparteien auf die Liste, ihnen gehören die Plätze welche die verbitterten Null-Toleranz Politiker nicht verdient haben.

[1] http://kinderschutz.ch/cmsn/de/category/rubriken/themen/pr%C3%A4vention-sexuelle-ausbeutunggewalt/zahlen-und-fakten
[2] http://www.parlament.ch/D/Suche/Seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20103917
[3] http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=13.408

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